Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 22.09.2021 im Verfahren 6 U 82/20 ist ein bedeutendes Urteil im Bereich der Versicherungsvermittlung und der rechtlichen Verpflichtungen von Internetvermittlern und Betreibern von Vergleichsportalen.
Es wirft ein Licht auf die Pflichten dieser Vermittler und die Anforderungen an die Transparenz und Informationspflichten gegenüber denVerbrauchern. Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, dass Versicherungsvermittler umfassende und klare Informationen bereitstellen, um den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten.
Hintergrund
Der Kläger in diesem Verfahren war der Dachverband aller Verbraucherzentralen sowie weiterer verbraucherschutz- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Die Beklagte war eine Versicherungsmaklerin, die auf ihrer Website einen Vergleich für Privathaftpflichtversicherungen anbot. Der Kläger warf der Beklagten vor, die Verbraucher nicht ausreichend darüber zu informieren, dass der Vergleich nur auf einer eingeschränkten Auswahl von Versicherern basierte. Diese Einschränkung war weder klar noch deutlich für die Verbraucher ersichtlich, was nach Ansicht des Klägers gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstieß.
Kernpunkte des Urteils
Das OLG Karlsruhe stellte in seinem Urteil fest, dass Internetvermittler und Betreiber von Vergleichsportalen, die Vertriebstätigkeiten im Sinne des § 1a Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ausüben, den Regelungen über Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler unterfallen.
Die Beklagte wurde als Versicherungsmaklerin eingestuft, da sie Versicherungsverträge vermittelte. Dies bedeutete, dass sie den Pflichten eines Versicherungsmaklers gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG unterlag, der die Einbeziehung aller relevanten Versicherer schuldet, es sei denn, es wird ausdrücklich auf eine eingeschränkte Auswahl hingewiesen.
Hyperlink nicht ausreichend
Ein einfacher Hyperlink, der auf eine eingeschränkte Beratungsgrundlage verweist, genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, wenn der Kunde nicht klar und deutlich darüber informiert wird. Die Beklagte musste daher die Verbraucher ausdrücklich und verständlich auf die eingeschränkte Auswahl von Versicherern hinweisen. Zudem stellte das Gericht fest, dass die geforderte Textform gemäß § 62 Abs. 1 VVG nicht erfüllt war, wenn die Informationen lediglich in einem Pop-up-Fenster oder über Hyperlinks abrufbar waren. Dies betraf die Art und Weise, wie die Informationen den Verbrauchern präsentiert wurden und wie leicht zugänglich und verständlich diese waren.
Folgen des Urteils
Das OLG Karlsruhe wies die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 06.03.2020 zurück. Die Beklagte wurde verpflichtet, bestimmte Informationspflichten gegenüber den Verbrauchern vor der Abgabe ihrer Vertragserklärung zu erfüllen. Zudem wurde ihr untersagt, Versicherungsvergleiche anzubieten, die ohne diese klaren Hinweise erfolgen. Dieses Urteil betont die strengen Informations- und Beratungspflichten von Versicherungsmaklern, insbesondere im Online-Bereich. Es stellt klar, dass Makler auch bei Online-Versicherungsvergleichen umfassende Informationen bereitstellen müssen, um sicherzustellen, dass die Verbraucher eine fundierte Entscheidung treffen können.
Bedeutung und Auswirkungen
Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für die Praxis der Online-Versicherungsvermittlung. Es verdeutlicht die Notwendigkeit einer transparenten und umfassenden Information der Verbraucher über die Grundlagen und Einschränkungen der angebotenen Versicherungsvergleiche. Dies dient dem Schutz der Verbraucher, die so in die Lage versetzt werden, eine informierte Entscheidung zu treffen. Ebenso verdeutlicht das Urteil wichtige Pflichten im Bereich der Versicherungsvermittlung und der Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen durch die Marktteilnehmer.
Unser Fazit
Internetvermittler und Betreiber von Vergleichsportalen unterliegen den Regelungen über Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler. Das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22.09.2021 unterstreicht die Wichtigkeit klarer und umfassender Verbraucherinformationen und setzt strenge Maßstäbe für die Pflichten von Versicherungsvermittlern.
In Österreich sind für selbstständig tätige Versicherungsvermittler (Versicherungsagent, Versicherungsmakler, Banken), vor allem folgende Bestimmungen, relevant:
- §§ 137–138 GewO 1994;
- Anlage 9 GewO 1994;
- Standesregeln für Versicherungsvermittlung (BGBl II 162/2019).
Für Versicherungsmakler gibt es weitergehende Bestimmungen des Fachverbandes Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten:
Das Urteil im Volltext finden Sie hier: Urteil OLG Karlsruhe vom 22.09.2021 – 6 U 82/20.
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Wiener Neustadt, 06.08.2024