Im digitalen Zeitalter ist die Transparenz bei Verbraucherrechten essenziell. Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 26.09.2024 schafft Klarheit in Bezug auf die Anforderungen an Kündigungsmöglichkeiten auf Webseiten.
Sachverhalt
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen verklagte ein Energieunternehmen wegen mangelhafter Kündigungsmöglichkeiten auf seinen Online-Portalen. Es fehlten eindeutige „Kündigungsschaltflächen“, die eine klare Kündigung per Knopfdruck ermöglichen sollten.
Vorbringen der Kläger
Der Kläger machte geltend, dass die Webseiten der Beklagten gegen § 312k Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verstoßen. Es fehlten Hinweise auf eine Online-Kündigungsmöglichkeit auf dieser, und die Beschriftung „Kündigungsabsicht abschicken“ sei nicht ausreichend eindeutig. Er forderte eine unmissverständlich beschriftete Schaltfläche wie „jetzt kündigen“, um sicherzustellen, dass Verbraucher über die rechtlichen Folgen ihrer Handlungen aufgeklärt sind.
Erwiderung der Beklagten
Die Beklagte argumentierte, dass Verbraucher, die Verträge über eine Webseite abschließen, im Regelfall direkt über ihre eigene Webseite kündigen würden. Sie verteidigte die Formulierung „Kündigungsabsicht abschicken“ als ausreichend und betonte, dass eine Kündigung eine einseitige Willenserklärung sei. Zudem wies sie die Forderungen des Klägers zurück und hielt die Formulierungen und Hinweise auf ihren Webseiten für gesetzeskonform.
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht entschied zugunsten der Verbraucherzentralen. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die Beschriftung „Kündigungsabsicht abschicken“ nicht die nötige Eindeutigkeit aufweist, die § 312k Abs 2 Satz 3 Z 2 BGB erfordert. Diese Formulierung könne irreführend wirken, da sie nicht klar signalisiert, dass die Betätigung der Schaltfläche unmittelbare Rechtsfolgen nach sich zieht. Verbraucher könnten meinen, dass damit nur eine Kündigungsabsicht bekundet werde, anstatt die Kündigung endgültig zu erklären. Das Gericht hob hervor, dass der gesetzlich vorgeschriebene Wortlaut oder eine gleichwertig klare Formulierung verwendet werden müsse, um die Rechtsklarheit zu gewährleisten.
Zudem stellte das Gericht fest, dass Unternehmen auch dann eine Kündigungsschaltfläche bereitstellen müssen, wenn Verträge über Drittseiten abgeschlossen werden. Dies sichert, dass der Verbraucher an jedem Punkt des Vertragsabschlusses auch eine einfache Kündigungsmöglichkeit hat. Die Pflicht zur Bereitstellung der Schaltfläche kann nicht nur auf die eigene Webseite beschränkt werden.
Folgen für Online-Auftritte
Unternehmen, die Verträge online anbieten, müssen sicherstellen, dass ihre Webseiten den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Dazu gehört eine unmissverständlich beschriftete Kündigungsschaltfläche („jetzt kündigen“) und die Verfügbarkeit dieser Funktionalität auf allen relevanten Plattformen. Ein Verstoß kann erhebliche Ordnungsgelder oder andere Sanktionen nach sich ziehen.
Dieses Urteil betont die Notwendigkeit klarer Formulierungen und intuitiver Verbraucherführung in digitalen Prozessen. Anpassungen in Online-Auftritten sind entscheidend, um den Anforderungen gerecht zu werden und potenzielle Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Link zum Urteil: OLG Hamburg vom 26.09.2024, 5 UKI 1/23
In Österreich sind beim Online-Auftritt unter anderem folgende Gesetze zu beachten:
- Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB): Regelt die allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen, die für Online-Verträge, Haftung und Schadenersatzansprüche relevant sind. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001622
- Barrierefreiheitsgesetz (BaFG): Ab 2025 sind Unternehmen verpflichtet, digitale Angebote barrierefrei zu gestalten, um allen Nutzern, einschließlich Menschen mit Behinderungen, den Zugang zu ermöglichen. https://ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20012316&FassungVom=2025-06-28
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): Regelt den Schutz personenbezogener Daten und verpflichtet Unternehmen zu transparenter Datenverarbeitung und Sicherheitsmaßnahmen. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A32016R0679
- E-Commerce-Gesetz (ECG): Legt Informationspflichten für Anbieter von Online-Diensten fest, einschließlich Impressumspflicht und Transparenzanforderungen. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20001703
- Fernabsatz-Finanzdienstleistungsgesetz (FernFinG): Gilt für den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen und enthält Regelungen zu Informationspflichten und Widerrufsrechten. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20003383
- Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG): Setzt die EU-Verbraucherrechte-Richtlinie um und regelt Informationspflichten sowie Rücktrittsrechte bei Fernabsatzverträgen. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20008847
- Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994): Definiert die Voraussetzungen für die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten, einschließlich solcher im Online-Bereich. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10007517
- Konsumentenschutzgesetz (KSchG): Schützt Verbraucherrechte und regelt unter anderem Rücktrittsrechte bei Online-Käufen. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10002462
- Telekommunikationsgesetz 2021 (TKG 2021): Enthält Bestimmungen zur Verwendung von Cookies und zur Einholung von Nutzerzustimmungen. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20011678#
- Urheberrechtsgesetz (UrhG): Schützt geistiges Eigentum und regelt die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten auf Webseiten. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001848
- Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Schützt vor unlauteren Geschäftspraktiken und regelt Werbemaßnahmen, die den Wettbewerb verzerren könnten. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10002665
Wiener Neustadt, 09.01.2025
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